Remember, remember, the eighth of November- Oder: Der Tag an dem der Glaube an den Menschenverstand starb

A guest blog by Johanna Wehner

Ein friedlicher Morgen. Der Himmel ist blau, die Vögel zwitschern, die Blätter segeln freudig von den Bäumen auf den Boden. Alles ist so, wie es sein sollte. Wirklich alles?

Nein. Ein kleiner Rest von Menschenverstand fragt sich, wo seine Verwandten geblieben sind. Was ist passiert?

Die zu Eis erstarrten Tropfen auf dem Fahrradsattel haben es schon angedeutet. Es ist der Beginn einer neuen Eiszeit, die von Nordamerika ausgeht und droht, den Rest der Welt zu bedrohen. Die Ursache: Der menschliche Verstand.

Selbst in einer fernen kleinen deutschen Stadt am Meer fragen sich die Menschen: Was tun mit den Amerikanern? Die findige Bäckereiverkäuferin hat die Antwort: Heute wollen alle die Amerikaner verschlingen, auffressen, vernichten. Diese kleinen süßen Teigteilchen aus trockenem Teig und unangenehm süßer Zuckerglasur. Auch wenn die süße Verlockung auf den ersten Blick auf manche einladend wirkt: Spätestens nach dem ersten Bissen merkt man, dass man sich hat täuschen lassen. Der Teig ist geschmacklos, der Belag so süß, das einem die Zähne schmerzen. Aber es ist zu spät. Gekauft ist gekauft. Jetzt muss man damit klarkommen, was man gewählt hat.

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“I’m not capitulating!” (quote: Ionesco 1959, picture: Isolde Treibholz)

Ähnlich wird es womöglich denjenigen gehen, die an diesem Dienstag im November 2016 den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt haben. Gekauft wurde eine Fassade, der Inhalt ist unbekannt. Den möglichen Zahnschmerzen nach dem ersten Bissen kann man jetzt nicht mehr entkommen. Der Unterschied zu dem süßen Gebäck von der Ladentheke ist, dass alle mit den Folgen des Zuckers leben müssen, nicht nur diejenigen, die sich dafür entschieden haben, alle US-Amerikaner, womöglich die ganze Welt. Das bedeutete jeden Tag muss man diese süßen Amerikaner essen. Jeden Tag für mindesten 4 Jahre. 365 Amerikaner pro Jahr. 1461 Amerikaner in den nächsten 4 Jahren. Die Spätfolgen dieser ungesunden Ernährung sind noch nicht abzuschätzen. Weil jeder weiß, das zu viel Zucker ungesund ist lässt sich aber mit relativ großer Wahrscheinlichkeit sagen: Sie werden immens sein.

Da verwunderst es wenig, das einige mit dem Gedanken spielen, sich die nächsten vier Jahre einfrieren zu lassen. Das Risiko für die Gesundheit ist sehr hoch.

Doch was sollen all diejenigen machen, die sich nicht einfrieren lassen können?

Eine mögliche Perspektive wurde schon im Jahr 2004 vorgestellt. Wenn die ganze USA unter einer riesigen Eismasse festgefroren wird, fliehen die Menschen nach Süden, über den Rio Grande hinweg ins geliebte Mexiko. Alle die zu spät fliehen, erfrieren zwangsläufig. Eine weitere filmische Vorbereitung aus dem Jahr 2007, ist die Flucht nach Kanada. Die Kanadier kennen den Winter, sie sind auf lange Eiszeiten und Schneestürme vorbereitet.

Die Ursache für diese Massenflucht ist der Mensch. Der Mensch von dem schon Kant gefordert hatte, dass er sich seines eigenen Verstandes bedienen soll. Doch warum hat diese Botschaft auch nach über 200 Jahren noch nicht alle Menschen erreichen können? Bräuchte Kant eine eigene Fernsehsendung um seine Botschaft zu verbreiten? Der menschliche Verstand ist ein Mysterium. Sobald man sich sicher ist, das die Menschen logisch denken, hat man verloren und muss sich eingestehen: Vielleicht gibt es so etwas wie menschlichen Verstand gar nicht. Wie sonst ist zu erklären, dass ein ganzes Inselreich beschließt, aus einer Gemeinschaft die ihnen viele wirtschaftliche, machtpolitische und wissenschaftliche Vorteile bringt, auszutreten? Oder das eine Mehrheit einen Präsidenten wählt, der kaum konkrete Ziele kommuniziert, sich selbst ständig widerspricht und deutlich mehr als die Hälfte seiner künftigen Untertanen öffentlich mehrfach beleidigt hat?

Mit menschlichem Verstand lässt sich das nicht erklären. Die logische Konsequenz ist die traurige Erkenntnis: Es gibt keinen Menschenverstand. Auch wenn die Menschen wiederholt daran glauben wollen und alle Gegenbeweise als Ausnahmen wahrnehmen. Es gibt in der Geschichte genug Beispiele dafür, woran der Begriff Menschenverstand krankt: Dem Wort Mensch, und dem Wort Verstand. Vereint in einem Widerspruch. Der Mensch ist nicht rational. Er ist nicht menschlich. Alles was existiert, ist ein Ideal, was scheinbar leider nicht Wirklichkeit werden kann.

Alles, was einem bleibt, ist der beherzte Biss in den Amerikaner.

In diesem Sinne: God bless America.